Das Alter der paläolithischen Höhlenmalereien
Nach den Erkenntnissen der Chronologiekritiker können die altsteinszeitlichen Felsbilder nicht Jahrzehntausende sondern höchstens zwei oder drei Jahrtausende alt sein. Einige Höhlen sind erst in jüngster Zeit bemalt worden. Dieser Aufsatz will aber nicht nur Betrügereien aufdecken, sondern auch generell zum Nachdenken über das Alter der Höhlenbilder anregen.
Die Höhle von Chauvet
Die Grotte de la Combe d’Arc in Südfrankreich, die nun nach ihrem Entdecker nur noch Grotte Chauvet genannt wird, gilt als der “Jahrtausendfund”, das größte Prachtstück französischer Höhlenmalerei. Die Bilder werden in höchsten Tönen gelobt, von Fachleuten wie auch vom Präsidenten der Republik, als künstlerisch vollendetste und zugleich auch älteste gemalte Werke des Paläolithikums. Sie sind nun 35.000 Jahre alt (Clottes 2001). Zum Vergleich: Lascaux gibt man 20.000, Altamira 17.000 Jahre.
Ich zitiere aus dem Aufsatz in National Geographic, España (S. 82, von mir nach der spanischen Version übersetzt):
“Jahrzehntelang hatten die Fachleute behauptet, daß die Kunst langsam vorangeschritten sei, … von einfachen groben Skizzen zu naturalistischen Wiedergaben voller Dynamik. Durch die feinen Schattierungen, den genialen Gebrauch der Perspektive und die Eleganz des Striches steht die Kunst von Chauvet an der Spitze dieser Entwicklung. Aber die Radiokarbondatierungen haben die Vorgeschichtler überrascht: zweimal älter als die Bilder der berühmtesten Höhlen sind die Malereien von Chauvet nicht der Höhepunkt der vorgeschichtlicher Kunst, sondern deren allerfrühester bekannter Beginn.”
Nanu, das hatten wir doch schon öfters? Keine Entwicklung, sondern Spitzenleistung am Anfang. Aber wie kamen denn die Wissenschaftler zu dieser Feststellung?
“Bis heute besitzen wir 30 Datierungen mit C14, mehr als von irgendeiner anderen Fundstelle von Felskunst. Diese Datierungen zeigen, daß Menschen diese Höhle vor 32.000 Radiokarbonjahren benützten, das entspricht etwa 35.000 bürgerlichen Jahren. Eine zweite Gruppe von Besuchern betrat die Höhle 6.000 Jahre später, auch wenn wir nicht wissen, ob sie nur die Bilder betrachten wollten oder neue geschaffen haben.”
Soweit zunächst Jean Clottes, Direktor der Forschungsgruppe von Chauvet. Mit seinen elf Mitarbeitern bemüht er sich, den engen Eingang der Höhle zu erweitern und ein Arbeitsfeld zu schaffen, daß das empfindliche ökologische Gleichgewicht der Höhle nicht stört. Dafür wurde ihm von der französischen Regierung ein Betrag von rund zweieinhalb Millionen Mark zugeteilt und ein Zeitraum von zwei Jahren. Erstmals sind nur Fachleute am Werke, schreibt Clottes stolz, eine Tatsache, die noch nie dagewesen sei bei der Erforschung der Felskunst.
Weitere 16 Spezialisten stehen mit Rat bereit und haben an der großen Erstveröffentlichung mitgewirkt, die gerade erschienen ist (Ed. du Seuil, Paris, Mai 2001). Dieses Prachtstück ist natürlich unerschwinglich.
Es geht auch ohne das Buch, denn Clottes Text in der genannten Zeitschrift (S. 86) ist schon höchst erbaulich: “Geärgert durch einen Raubtierrivalen erhob sich ein Höhlenbär und drückte seine lehmige Pfote unter das Wandbild des Leoparden, der über einen Vorsprung gleitet.” Man sieht tatsächlich unter einem roten Umrißbild eines Säugetieres mit vielen kleinen Flecken, – “sofort erkennbar, dieses Portrait der gefleckten Wildkatze, das erste prähistorische, das wir kennen” – so etwas wie eine Bärentatze in roter Farbe an der Wand.
War der gemalte “Leopard” der Raubtierrivale des Höhlenbären? Und fühlte sich der Bär geärgert, als er das Leopard-Konterfei an der Wand erblickte, weshalb er sich zu voller Größe erhob und ihm mit der Tatze eins auswischen wollte? So etwa ist der blumige Text Clottes gemeint. Das muß ein Genie von Bär gewesen sein, bei der schlechten Beleuchtung!
Überhaupt diese Bären: das am meisten gelobte Bärenportrait sieht eher wie eine Disney-Figur aus; das Ohr ist völlig verrutscht, das Auge fehlt einfach, süß lächelt der Mund, pardon: das Maul. Ein anderer Bär ist eine Karikatur eines Rentners mit dicker Nase und Stoppelbart. Ein dritter Bär hat eine mißlungene Schnauze, was durch diffuse Linien verschleiert wird, und neckisch rote Pfeilspitzen am Hals. Die Nase des im Umriß schwarzen Bären ist rot gepunktet.
“Auch der Boden enthält Spuren der Vergangenheit von Chauvet, da man weiß, daß die Höhle als Unterschlupf für Höhlenbären diente, denn sie hinterließen Abdrücke und höhlten tiefe Gruben aus; mindestens 147 starben hier, denn das ist die Anzahl der Schädel, die man fand. Ein vorgeschichtlicher menschlicher Besucher legte einen Bärenschädel auf ein Felsstück, das sich von der Decke gelöst hatte. Die verkohlten Reste, die man auf der Steinplatte unter dem Schädel fand, sind 35.000 Jahre alt.” (S. 84 f). Da haben wir eine einwandfreie Datierung für die ersten Besucher dieser Höhle. Das geht ganz einfach: Man nimmt Holzkohle mit in die Höhle, deponiert sie deutlich sichtbar auf einem Stein, legt einen Bärenschädel darauf, und schmunzelt schon insgeheim über die Archäologen, die nach mehr als tausend Generationen diesen Beweis menschlicher Größe entdecken werden.
Aber auch wenn man die übertriebenen Lobeshymnen der Wissenschaftler (selbst Gerhard Bosinski aus Köln konnte sich nicht enthalten) auf ein Normalmaß zurückschraubt, sträuben sich dem Kenner die Haare angesichts dieser Stümperei. Da gibt es Elefanten mit runden Pantoffeln an den vier Füßen, mit Gartenschlauch als Rüssel und abgeknicktem Schwanzwedel – Karikaturen, wie sie kindischer nicht sein könnten. Ein Stier auf dem Bauch einer verunglückten Frauendarstellung, die geile Schnauze nach dem haarigen Delta gierend, wie eine moderne Tätowierung. Ein Löwe, der auch ein Pavian sein könnte. Bären mit Köpfen wie Löwinnen. Pferde im Stil von Franz Marc (zum Glück nicht in Blau). Ein Uhu von vorne, der die Augen geschlossen hält und der einzige seiner Art im Paläolithikum sein soll. Und vor allem diese Nashörner – Mißgeburten, wie sie kein Maler je gesehen hat. Da der Künstler sich nicht sicher war, wie solche Tiere ausgesehen haben könnten, hat er mehrere Umrißlinien gezogen, bis zu vier nebeneinander, denn das Auge des Betrachters – soviel weiß jeder Kunststudent – sucht sich wohlwollend die passende Linie aus. Entsprechend spricht der Kenner bei diesen Schmierereien auch von Bewegungsstudien und raffinierter Perspektive. Andere mißglückte Tierteile werden als Entwürfe bezeichnet.
An einigen Stellen mußte der Maler die Linien wieder abschaben, sie waren total mißlungen. Es gibt sogar eine ganze Wandfläche, die abgeschabt und wieder neu bemalt wurde. An anderen Stellen hat der Künstler die mißratenen Konturen mit Weiß abgedeckt und so einen leuchtenden Hintergrund geschaffen – ein ganz persönlicher Stil des Malers von Chauvet.
Der allergrößte Teil der dargestellten Tiere stürmt nach links, die wenigen rechtsgerichteten Tiere sind noch unansehnlicher. Wer da von Meisterschaft der Darstellung spricht, mißbraucht die Sprache.
Natürlich fehlen auch die für das Paläolithikum so wichtigen Handabdrücke nicht. An einer Stelle befinden sich insgesamt 92 rote Abdrücke der rechten Hand eines einzigen Mannes (der 175 cm groß war), alle zusammen an derselben Wand. Mitwisser dieses Höhlenschmuckes gab es wohl nicht. (Oder doch? Die Gesamtzahl der Handabdrücke ist jetzt auf 500 gestiegen, lese ich gerade in einer Besprechung des erwähnten Buches von Clottes.) Die Anordnung der 92 Handabdrücke soll einen Bison oder ein Nashorn ergeben. Wir kennen das ja schon aus Marsoulas und anderen französischen Höhlen, daß runde Flecken einen Bison darstellen. Aber die sind zwanzigtausend Jahre jünger. Hatten sie sich an dem Bild von Chauvet inspiriert?
Soweit ich in der Presse (Le Monde) lesen konnte, war der Entdecker Chauvet langjähriger offizieller Wächter dieser und der benachbarten Höhlen und hat diese Höhle zehn Jahre lang besucht, bevor er die Malereien bemerkte. Auch das ist bekannt, daß Besucher einer Höhle die Malereien lange Zeit nicht bemerkten.
Ein anderes Indiz (S. 88 f.): “Dieselben Tiere erscheinen immer wieder. Die Wiederholung schafft ein großes Gefühl der Einheitlichkeit.” Eben, alles von einer Hand geschaffen, das ist ein Problem, Monsieur! Wer die Feste kennt, bei denen derartige Bilder noch heute geschaffen werden (bei den Kalasch im Hindukusch oder den Buschmännern in der Kalahari usw.), weiß, daß stets viele Personen an der Ausführung teilnehmen. Wenn bei paläolithischer Felsmalerei von einem einzigen “Künstler” die Rede ist, sollte sofort das Mißtrauen erwachen.
Und besonders irritierend sind die “Bilder in Weiß”: “Die Künstler (plural, sic!) kratzten den weichen Lehm von den Wänden, wobei sie den kalkigen Untergrund freilegten.” Diese Bilder sind auch nicht gelungener als die rot oder schwarz gemalten, haben aber den Vorteil, daß sie völlig weggekratzt werden konnten, wenn das Bild mißlang, wie auf den Fotos zu sehen ist. Wie frisch diese Kratzer wirken, wie unverwittert der kalkige Hintergrund ist, das gibt zu denken, selbst bei den angeblich idealen Bedingungen für den Erhaltungszustand, die seit 35.000 Jahren geherrscht hätten.
Ich wiederhole, was ich in meinem neuen Buch (2001) schrieb: die Felsbilder der Grotte Chauvet (Frankreich) sind dermaßen dümmlich gefälscht, daß es einem den Spaß an der Diskussion verleidet. Es reicht auch, wenn man erste Fotos der Malereien mit späteren vergleicht, wo die allzu groben Fehler berichtigt sind. Das wirft jeden Gläubigen um.
Nachtrag Dez. 2011: Diese letzte Aussage: “Änderungen an den Malereien nach Erstveröffentlichung” kann ich nicht mehr belegen, denn der Unterschied zwischen alten und neueren Fotos könnte auch auf der Optik beruhen, falls die Malereien unter verschiedenem Blickwinkel und bei anderer Beleuchtung aufgenommen wurden. U.T
Die Datierung der Höhlenmalerei
Probleme gibt es ebenso bei anderen Malereien Frankreichs und Spaniens, die normalerweise als echt angesehen werden, denn nicht alle sind einhellig anerkannt. Einige Malereien in den Höhlen von Rouffignac und Niaux, um nur zwei berühmte zu nennen, werden noch immer mit einem Fragezeichen hinsichtlich ihrer Echtheit versehen. Das sollte eigentlich die gesamte Felsbildkunst in Frage stellen. Beide Höhlen wurden nachweislich mindestens seit dem 18. Jahrhundert öfters aufgesucht, da sie sich für neugierige Besuche eignen. Niemand hatte die Malereien gesehen. Die Bilder in der Höhle von Rouffignac wurden erst 1956 entdeckt, die von Niaux 1906.
Die ersten Entdeckungen, allen voran Altamira, wurden von den größten Kapazitäten wie Rudolf Virchow, Emile Cartailhac und anderen als Fälschungen demaskiert. Erst im zweiten Anlauf, 22 Jahre später, gelang es dem Jesuiten Henri Breuil, sie als echt durchzusetzen. Cartailhac bereute seinen Fehler, Virchow war gerade gestorben. Die Jesuiten siegten auf der ganzen Linie. Zusammen mit dem Ordensbruder Hugo Obermaier und weiteren Theologen wie Ferdinand Birkner, Kaplan mit Lehrstuhl für Urgeschichte in München, und Teilhard de Chardin (dem man im Zusammenhang mit dem Piltdown-Schädel u.a. Artefakten archäologische Fälschungen nachweisen konnte), Felix Rüschkamp, ebenfalls Jesuit, (und weiteren) übernahmen die Jesuiten die Führung in Sachen Vorgeschichte und behielten sie für rund 40 Jahre (siehe hierzu Wendt S. 306).
Es handelt sich bei der Datierung und Interpretation der Steinzeitkunst um eine Vorwärtsstrategie christlicher Elite, deren Hintergrund nur geahnt werden kann.
Auch wenn wir die Fälschungen beiseiteschieben und einige Malereien als echt und alt annehmen, bleibt das Problem der Datierung bestehen! Immer noch verwunderlich ist die frische Farbe, die man beim Berühren der Höhlenbilder am Finger hat; oder genauer; damals am Finger hatte, als sie frisch entdeckt wurden. Als ich 1965 in Altamira auf dem Rücken lag und die Bilder bewunderte, griff ich natürlich auch scheu nach den Farben; sie waren inzwischen steinhart und trocken. Als Maler verblüffte mich allerdings die Verwendung von Farbstiften und Pinseln, die auf eine hochentwickelte Technik schließen lassen, die man sonst den Leuten der Altsteinzeit nicht zutraut.
Überraschend sind die völlig ungeklärten „Jahrtausende“, die nie begründet wurden. Vilanova datierte schon auf dem Lissaboner Kongreß 1890 die Bilder von Altamira auf 10-20 Tausend Jahre, die Gravierungen noch älter, und das ohne jeden zwingenden Grund außer dem, daß Eiszeittiere wie Mammut und Wollnashorn dargestellt sind, die vor so langer Zeit ausstarben – ein Chronologie-Schema nach Darwin, das unbeweisbar ist.
Auch psychologisch liegt da mancher Stein im Wege. Hans Baumann („Die Höhlen der großen Jäger“, S.41), läßt Prof. Vilanova sagen, ein Maler könnte in seinem ganzen Leben kaum die vielen Bilder der Höhle Altamira fertig bringen. Das ist Unsinn, ein Sommer würde ausreichen, wenn man den Maler nicht stört.
Und dann die wiederkehrende Handschrift: Es gibt Skizzen auf Steinplatten in verschiedenen Höhlen Frankreichs, die 300 km auseinander liegen, und doch vom selben Künstler stammen müssen (Wendt, S.299). Auch in Spanien gibt es solche Fälle. Solche weiten Wanderungen eines Künstlers sind vielleicht möglich, aber höchst unwahrscheinlich in den Urwäldern der Eiszeit.
Und das ist noch nicht alles. Auf den Bisons in Altamira erscheinen Schriftzeichen, ebenso zwischen den Tieren, von gleicher Art wie auf Knochenstücken, die man in der Höhle La Madeleine fand (nach Cartailhac und Breuil, „Caverne d’Altamira“). Es sind die typischen iberischen Zahlzeichen und Herdenbrandmarken, sie stammen offensichtlich aus der frühen Metallzeit. Zwar bringt uns das auch keine absoluten Daten, läßt aber den Schluß zu, daß die Malereien nach gängiger Lehre höchstens wenige Jahrtausende alt sein können, nicht Jahrzehntausende.
An zahlreichen Pferdedarstellungen in Frankreich und Spanien, graviert wie auch gemalt, hat man Halfter und Zügel sowie auch Herdenbrandmarken gefunden, die nur den Schluß zulassen, daß domestizierte Tiere dargestellt sind (wie in jüngster Zeit wiederholt geschrieben wurde; von Marie Koenig mitgeteilt in der Zeitschrift „Kult-Ur-Institut“ von Harald Braem). Die Jagdmagie als Erklärungsmuster muß man wohl fallenlassen.
Denn das war das andere der beiden Grundtheoreme der christlichen Interpreten: Die Höhlenbilder sind ausnahmslos Ausdruck eines religiösen Weltgefühls, das hauptsächlich von Magie und Totemvorstellungen geprägt war. Schamanen und Priester galten als die Urheber, die Höhlen waren Heiligtümer. Der im deutschen Sprachraum maßgebende Felskunstforscher Herbert Kühn veröffentlichte sogar seine Doktorarbeit „Das Problem des Urmonotheismus“ (1951), die christliches Denken in die Urzeit verlegt.
Daß viele dieser Malereien ein überwältigendes ästhetisches Können verraten und zum Teil nur aus dieser Sicht, nämlich als Dekoration, erklärbar sind, wurde absichtlich übersehen, weil es viel zu modern wirken würde. Stattdessen legte man Wert auf das ungeheuere Alter, das den Fortgang menschlicher Schöpfungskraft bewies: „Quatre cents siècles d’Art pariétal“ hieß das Hauptwerk von Breuil: „400 Jahrhunderte Wandkunst“. Das sollte mit großer Eindringlichkeit klarstellen, daß die Menschheit in Westeuropa seit dieser unvorstellbar langen Zeit bereits zivilisierte Höhen erreicht hatte, so daß sich jeder Laie in Ehrfurcht vor seinen Ahnen verneigen mußte und am Fortbestand der Welt nicht mehr zweifeln konnte.
A. Laming-Emperaire hat in ihren Schriften mehrfach betont, daß die Felskunst erstaunlich einheitlich sei und nur eine ganz geringe Entwicklung durchgemacht habe. Auch das ist ein Zirkelschluß, der auf der willkürlichen Annahme beruhte, daß diese Malereien über einen so langen Zeitraum verteilt seien. Entsprechend ist die Entwicklung vom Primitiveren zum Höherentwickelten eine Voraussetzung dieser Theoretiker, und die Bezeichnungen Unteres oder Mittleres oder Spätes Magdalenien sind rein von ästhetischen Stilrückschlüssen her geschaffen: Je einfacher, desto älter müssen die Malereien sein. Dabei ist gerade das Fortbestehen einer einheitlichen Eiszeitkunst über vierzigtausend Jahre ein Problem in sich, das nie diskutiert wurde.
Die hohen Jahreszahlen für die paläolithischen Höhlenmalereien resultieren aus dem Darwinschen Zeitschema. Der junge Theologie-Student Charles Darwin hatte als Nichtfachmann in den biologischen Wissenschaften eine neue Theorie aufgestellt (eigentlich die seines Großvaters fortgesetzt), die nur deshalb so großen Anklang fand, weil sie theologisch akzeptabel schien (siehe Herbert Wendt, 1965). Wenn auch die Jünger dieser Theorie gutgläubig ihren Lehrern Darwin, Haeckel usw. gefolgt sind, kann doch bei den Urhebern nicht von „gutem Glauben“ die Rede sein. Es handelte sich um willentlich aufgestellte Erfindungen ohne wissenschaftliche Grundlage.
Absichten
Es zeichnet sich also ab, daß es um weltanschauliche und nicht “objektive” wissenschaftliche Fragen geht. Die Jesuiten – schon lange Stoßtrupp der geistigen Elite Europas – legten den Grundstein: Jahrhunderttausende schon existiert der Mensch in ungebrochener Kraft. Das würde zunächst das katholische Dogma umstürzen, demzufolge die Welt vor 6.000 Jahren erschaffen wurde. Aber da dieses Zeitmaß ohnehin nicht aufrechtzuhalten war, half nur die Vorwärtsverteidigung: eine ungestörte Entwicklung des Menschengeschlechts seit undenklicher Zeit. Gewiß, es hätte eine Unterbrechung gegeben: die Sintflut. Aber durch Gottes Weitsicht wäre ein Elternpaar der menschlichen Rasse mit drei Söhnen gerettet worden, mit vielen Haustieren und sogar Wildlingen. Seitdem aber, und das sei ein festes Versprechen dieses Gottes, “soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.” Höchstens einmal noch könnte es damit Schluß sein, dann aber für immer: beim Jüngsten Gericht. Darum wurde die Offenbarung des Johannes, die von den früheren Katastrophen erzählt (siehe Topper 1993), als Zukunftsvision umgedeutet. Ansonsten gibt es nur ungebrochene Aufwärtsentwicklung aller lebenden Wesen.
Darauf also lief es hinaus: der Kampf gegen Cuvier und seine Katastrophen war vorrangig, da verblaßten sogar die 6.000 Jahre biblischer Überlieferung.
Ein solches ideologiebefrachtetes Zeitschema läßt sich heute, wo man mit Katastrophen wieder vertraut ist, leicht umstürzen. Es braucht nur seine Zeit. Und es braucht ein neues Modell, das an die Stelle des alten tritt. Wenn ich mir die Grotte Chauvet ansehe, bzw. die Veröffentlichungen davon, dann schwindet mir die Lust, eine Erklärung für all die kontroversen Datierungsansätze zu suchen. Es scheint mir einfacher, sie als Fälschung oder zumindest “moderne” Malerei anzusehen.
Literatur:
Baumann, Hans (1953): Die Höhlen der großen Jäger (Reutlingen)
Breuil, Henri S.J. (1952): Quatre cents siècles d’Art pariétal (Montignac)
Clottes, Jean : Cueva de Chauvet, in: National Geographic España, August 2001, S. 76-93. Zitate vom Verf. übers. – www.nationalgeographic.com/ngm/0108
Clottes, J. et al. (2001): La Grotte Chauvet: L’Art des Origines (Ed. du Seuil, Paris), 226 S. zahlreiche Farbfotos, 350 FF; vom Verf. nicht eingesehen
Kühn, Herbert (1951): Das Problem des Urmonotheismus (Wiesbaden)
Laming-Emperaire, Anette (1962): La Signification de l’Art rupestre paléolithique (Paris)
(1963): L’Archéologie préhistorique (Paris)
Topper, Uwe (1993): Das letzte Buch (München)
(1998): Die Große Aktion (Tübingen)
(2001): Fälschungen der Geschichte (München)
Wendt, Herbert (1953): Ich suchte Adam (Rowohlt 1965)
Nachtrag 2018: einen sehr lesenswerten Artikel zum Thema Chauvet fand ich auf der Webseite von Heise, Telepolis:
“Sind die Höhlengemälde von Chauvet gefälscht?” vom 30. Oktober 2005 von Tom Appleton