GRMNG – ein kurzer Abriß

(verfaßt etwa 1999)

Die Geschichte der
Gesellschaft zur Rekonstruktion der Menschheits- und Naturgeschichte (GRMNG), e. V.

Bücher von Immanuel Velikovsky, die seit 1950 in USA Furore machten, wurden nur teilweise ins Deutsche übersetzt. Mit seinem ersten Buch passierte dabei in Deutschlad fast die gleiche Geschichte wie in den USA: Als der Verlag Kohlheimer sein Buch “Welten im Zasammenstoß” herausgab, begannen die Autoren des Verlags (in erster Linie die Theologen) gegen die weiteren Auflagen des Bestsellers zu protestieren und mit der Kündigung der Zusammenarbeit zu drohen. Der Verlag sah sich danach gezwungen, seinen Vertrag mit Velikovsky zu brechen und seine diesbezüglichen Publikationsrechte einem anderen Verlag (dem EUROPA Verlag in der Schweiz, einem antinazi Verlag mit Interesse an der Holocost-Thematik) zu überreichen.
Ende der 60er hatte man kaum noch Interesse an den Velikovsky-Büchern merken können. Die letzten Bücher von Velikovsky, “Zeiten im Chaos” und “Die Seevölker”, wurden erst Anfang der 80er Jahre auf Deutsch verlegt. Wichtige Rolle spielte dabei Christoph Marx (Basel), persönlicher Vertreter von Velikovsky im deutschsprachigen Raum. Er fungierte selbst als Übersetzer einiger dieser Bücher und als Redakteur und Kommentator der deutschen Ausgaben dieser für die ganze westliche Geschichtskritik so wichtigen Werke.

Als der betroffene Verlag Econ eine Menge Zuschriften bekam, in welchen ganz unterschiedliche Reaktionen auf die Bücher artikulliert wurden, hat Ch. Marx an alle Interessenten Briefe verschickt, in welchen er vorschlug, sich gegenseitig kennenzulernen und sich zum Zwecke der Fortführung der Recherchen im Sinne von Velikovsky zu vereinen. Auch stellte er den sich meldenden Velikovskianern seinen Verlag PAF (Podium Akademische Freiheit) zur Verfügung.

Einer der ersten deutschen Velikovskianer ist Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn gewesen. 1979 veröffentlichte er den Artikel “Über die heiße Venus, das dunkle Zeitalter Griechenlands und das Zittern im akademischen Lehrgebäude: Leben und Forschungen von Immanuel Velikovsky (Freibeuter, Bd. 1, Nr. 2, Dez. 1979). Als einer der ersten stellte er den Kontakt mit dem Velikovsky-Vertreter in Deutschland und Übersetzer seiner Werke, Christoph Marx, her und stand den Reihen der Mitglieder der von Ch. Marx initiierten Bewegung RMNG (Rekonstruktion der Menschheits- und Naturgeschichte) in Deutschland vor. Die Gesellschaft wurde 1982 in Münster gegründet. Mitgliederzahl: ein knappes Dutzend. Nach der Selbstauflösung des Vereins GRMNG e. V. im Jahr 1988 und der Gründung der chronologiekritischen Zeitschrift “Vorzeit – Frühzeit – Gegenwart” (später – ab 1995 – “Zeitensprünge”) ist Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn Mitherausgeber dieser Zeitschrift.

Im Vereinsvorstand fungierte Dipl.-Phys. Christian Blöss als Stellvertretender Vorsitzender. Heribert Illig war zuerst der kommissarische Geschäftsführer und Joachim Babendreyer kommissarischer Kassenwart. Später arbeiteten sie im Verein als Geschäftsführer und Kassenwart weiter. Der Verein hatte auch einen Administrator: Dr. Knuth Bannier aus der Schweiz. Auf Babendreyer folgte Dr. Rüdiger Vierling als Kassenwart und später seine Witwe Frau Erika Vierling (er verstarb am 5.5.1986).

Der Verein gab ein “GRMNG Bulletin” heraus. Die folgenden Hefte liegen dem Autor vor: 1/85, 2/85, 2/86, 3/86, 4/86, 1/87, 2/87, 3/87,4/87 und 5/87. Sollten die Leser dieser Zeilen noch weitere GRMNG-Bulletins besitzen, werden sie gebeten, diese der Redaktion fürs Kopieren zur Verfügung zu stellen. ((Ein Beispiel des Bulletins finden Sie hier: Nr. 1/1988 ))

Trotz eines gewissen Zuwachses hat die Anzahl der GRMNG-Mitglieder am unerwartet frühen Ende des Vereins um die Zahl 50 gependelt (48 Mitglieder bei der Mitgliederversammlung im Frühling 1987, nur 18 davon anwesend). Außerdem wurde die GRMNG von Anfang an von gewissen Animositäten und Rivalitäten geprägt. Da Chr. Marx nur als “ämterloses Mitglied” der Gesellschft angehörte, war der Geschäftführer Dr. Heribert Illig stets bemüht, seine natürlichen Autorität zu begrenzen. Noch im Heft 5/87 beklagt sich Illig, daß “immer noch GRMNG-Mitglieder vereinsrelevante Mitteilungen nicht an die Geschäftsführung, sondern nach Basel zum PAF-Verlag schicken”. Des weiteren entschied er, keine weiteren GRMNG-Berichte beim PAF-Verlag zu veröffentlichen. Einer der Gründe: der PAF-Verlag diffamiere andere GRMNG-Mitglieder! Übrigens, die Entscheidung der beiden Vorsitzenden, die Produktion der GRMNG-Schriftenreihe aus Basel in die Bundesrepublik zu holen, wurde schon im Heft 4/87 angekündigt.

Dem Wunsch – während der Mitgliederversammlung im Frühling 1987 diskutiert – “ein Buch über den Stand der Rekonstruktion herauszugeben (vielleicht nach enzyklopädischen Stichworten geordnet, die verschiedene Mitglieder bearbeiten könnten)”, wurde leider nie entsprochen. Der Autor schlägt vor, diese alte Idee in Form der vorliegenden Internet-Zeitschrift und einzelner Beiträge darin zu verwirklichen. Hier sind schon viele Rubriken und Stichworte vorprogrammiert. Alle aktiven Chronologiekritiker sind eingeladen, ihren Beitrag zu einem solchen “Buch” zu leisten. Der Vorteil der elektronischen Lösung des formulierten Problems liegt auf der Hand: Hier können auch alternative, kontroverse und sogar “diffamierende” Meinungen nebeneinander existieren. Der Leser ist klug genug, um zu verstehen, was er für richtig und was er für noch unreif oder spinnerisch halten soll.

Übrigens, mit dem in der Rubrik “Oft gestellte Fragen” präsentierten Glossar (Autor Ch. Marx, PAF) haben wir einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Meine Kritik an einzelnen radikalen Vorstellungen, die in diesem Glossar vertreten sind, s. in der gleichen Rubrik.

Noch wurde 1987 die in London basierende Gesellschaft ISIS oder – wie sie später hiess und auch heute noch heisst – SIS als Schwesterorganisation der GRMNG betrachtet. Heute, ein Dutzend Jahre nach der Selbstauflösung von GRMNG ist SIS praktisch die einzige und dazu noch international wirkende Organisation der Katastrophisten und Chronologiekritiker. Als logische Folgerung ist es ganz natürlich, die Leser dieser Zeilen auf SIS aufmerksam zu machen und die Mitgliedschaft in SIS anzuregen. Obwohl Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn und Christoph Marx zu den aktivsten deutschsprachigen SIS-Mitgliedern gehören, ist die deutsche Beteiligung an SIS leider verschwindend klein.

Die Geschichte der Selbstauflösung ist ein Lehrstück aus dem Kalten Krieg. Der stets sehr aktive Velikovskianer Christoph Marx reagierte auf die erfolglose Landung der ersten sowjetischen Venus-Forschungstation (die Sonde verglühte in der heißen Venus-Atmosphäre) mit einem Brief an die sowjetische Botschaft in Bern, in dem er schrieb, daß die sowjetische Wissenschaft besser die Werke seines ehemaligen Landsmanns studieren sollte. Hätten die Konstrukteure der Forschungsstation gewusst, daß – nach Meinung von Velikovsky, der von der etablierten Wissenschaft widersprochen wurde – der Planet Venus eine sehr heiße Atmosphäre besitzt, hätte die UdSSR Milliarden von US-Dollars, die sie dringend für andere Projekte brauchte, sparen können.

Der Brief beeinflußte die sowjetischen Diplomaten im solchen Maße, daß sie Marx regelmäßige Treffen vorschlugen und einmal im Monat ihm einen neuen Velikovskianischen Bericht abkauften. Die Liste aller dieser Berichte wird vom PAF-Verlag bis heute verbreitet. Leider sind nur wenige von diesen Berichten in schriflicher Form übrig geblieben.

Man kann selbstverständlich spekulieren, ob die Nachrichtendienstler unter den sowjetischen Diplomaten sich mehr für den Beruf von Marx (er arbeitete als Systemanalytiker und Computerexperte) interessierten, oder für die Lehre von Velikovsky und Marx. Der letztere spekuliert lieber darüber, ob seine Velikovsky-Berichte dem Wechsel vom autoritärem Sozialismus zum Perestroika-Sozialismus mitgeholfen haben.

Über die Rolle dieser Affäre bei der Selbstauflösung von GRMNG spricht er sehr diplomatisch. Es ist aber kaum ein Zufall, daß der Selbstauflösungsbeschluß bald nach seiner Verhaftung durch die föderale schweizerische Sicherheitbehörde erfasst wurde. Für die innenbetrieblichen Beziehungen einiger Chronologiekritiker zu ihren Arbeitgebern wäre es kaum vorteilhaft, zusammen mir einem “sowjetischen Spion” im gleichen Verein aktiv zu sein. Die Atmosphäre des kalten Krieges wurde in jener Zeit noch nicht ganz beerdigt.

Selbstverständlich, aus der Spionage-Beschuldigung wurde nichts, außer einer spektakulären Seifenblase (und einigen erschrockenen konformistischen Kleinbürgern): es gibt keine staatlichen Geheimnisse in der Theorie des Neokatastrophismus und den benachbarten Gebieten. Gerade umgekehrt: Wir bemühen uns selber um mehr Publicity und der Übernahme unserer Erkenntnise durch die Öffentlichkeit (Regierungen und Geheimdienste, Kaninchenzuchtvereine und Altersheimpatienten eingeschlossen).

Abschließend möchte ich meine ganz persönliche Meinung aus der heutigen Perspektive äußern: Die Selbstauflösung von GRMNG war ein Geschenk des Himmels an den tüchtigen Vereins-Geschäftsführer, der danach alle Aktivitäten des Vereins unter dem Dach einer so zu sagen Illig GmbH in eigenen Händen konzentrierte und für eigene Zwecke instrumentalisierte. Die Selbstauflösung von GRMNG war kein Geschenk an die deutschen Chronologiekritiker, die nach dem Verschwinden der eigenen Gesellschaft der Willkür des ehemaligen Geschäftsführers ausgeliefrt wurden, der sie nach Belieben “klassifiziert”, in die Schubladen steckt und – die für ihn persönlich nützlichen unterstützt und lobt oder – die zu sehr ihre eigene Meinung wagen – “exkommuniziert” und rügt. Die deutsche chronologiekritische Szene verlor mit der Selbstauflösung des RMNG-Vereins ihre demokratische kollektive Stimme und die Möglichkeit sich regelmäßig zu treffen. (Die Jahrestreffen von “Zeitensprünge” erfüllen diese Rolle nicht, insbesondere weil Illig persönlich entscheidet, wer zu diesen Treffen erscheinen darf und wer nicht: die letzteren bekommen keine Einladungen, ihre Vorträge werden in das Treffen-Programm nicht hineingenommen, sie bekommen keine Antworten auf ihre diesbezüglichen Briefe.)

GRMNG spielte eine integrierende Rolle. Auch wenn einige unbequeme Mitglieder dem Geschäftsführer Schwierigkeiten bereiteten, es existierte ein demokratisches Forum für alle – auch unbequeme, störrische, unflexible, selbstsüchtige oder sich überschätzende Mitglieder. Demokratie ist keine für alle bequeme und optimale Organisation der Dinge. Aber man hat bisher noch keine bessere – für die Gemeinschaft, nicht für den einzelnen – erfunden. Die integrierende GRMNG-Rolle fehlt heute der Szene!

Ich weiß nicht, ob eine neue Vereinigung aller deutschsprachigen Geschichtskritiker je möglich sein wird. Heute ist sie leider kaum möglich und darum sollten die engagierten Chronologiekritiker jeder für sich überlegen, ob sie in verschiedenen Vereinen, die die chronologiekritische Thematik propagieren, aktiv werden sollten, ob sie der Integration auf horizontaler Ebene (persönliche Kontakte, Informationsaustausch, Internetaktivitäten etc.) und dem Abbau der egoistischen Verhaltensmuster dienlich sein können.

Ich widerhole den subjektiven Charakter dieser meiner Meinung und schließe nicht aus, daß meine Beschreibung des kurzen aber wichtigen Kapitels der deutschen Chronologiekritik faktische Fehler aufweist. Ich möchte diese potentiellen Fehler in der Zukunft beseitigen. Darum lade ich an dieser Stelle die ehemaligen Mitglieder von GRMNG ein, ihre eigene Sicht der Dinge zu beschreiben und hier zu plazieren.

Eugen Gabowitsch
Zuerst veröffentlicht unter: http://alt.geschichte-chronologie.de/l2-wahl/l2-orga/l2-grmng.html

Das Datum der Abfassung dieses Artikels ist unbekannt, es dürfte etwa im Jahr 1999 liegen.

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