Zeitensprünge 2/2000

Uwe Topper, Bemerkungen zu den Zeitensprüngen Jahrgang 2000 Heft 2

zu Ulrich Voigt, “Zeitensprünge und Kalenderrechnung” (in ZS 2/2000, S. 296ff)

Herr Voigt meldet sich noch einmal zum Thema, diesmal mit der Sicherheit, daß der mehrfach darin zitierte Uwe Topper nicht mehr antworten darf.
Voigt gibt nun seinen damaligen groben Fehler bei der Osterberechnung zu, auch beim Problem der Wochentage ist er vorangekommen: Da Topper rechnerisch erwiesen hatte, daß in dem von Heribert Illig als übersprungen genannten Zeitraum 614=911 die Wochentage weiterhin stimmten, blieb festzustellen, daß die Schaltregel nicht eingehalten worden sein kann, wenn Illig auf den 297 Jahren besteht. Das hätte Voigt ohne jene seitenlangen Tabellen ganz einfach herausfinden können: 297 ist nicht durch 4 teilbar, also müßte die Schaltregel unterbrochen worden sein. Beim Sprung von 614 auf 911 müßte man einmal schon nach 3 Jahren den Schalttag eingeschoben haben, wenn die Wochentage auch rückwärts stimmen sollten.
Da das sehr unwahrscheinlich ist, bleiben nur noch Vielfache von 28 Jahren für einen geplanten Sprung übrig: 252 oder 280 oder 308 Jahre usw.
Das sind aber Kleinigkeiten, die in jedem Buch über Kalenderwesen stehen.
Zwar hatte Voigt nicht vor, Illigs These zu stürzen, wie er behauptet, aber faktisch hat er es getan. Voigt schreibt nämlich:
“Verifizieren = feststellen, dass Zeiteinschub modulo 28 den Rest 17 hat.
Falsifizieren = feststellen, dass der Zeiteinschub modulo 28 einen anderen Rest hat.”
Der zweite Teil ist falsch, da andere Reste ebenfalls die Wochentagsfortführung ermöglichen, z.B. Rest 5, 6, 11, 22 und 23 (siehe Topper 3/96, S. 398). Auch der erste Teil ist falsch, denn verifizieren läßt sich die Fortführung des julianischen Kalenders nur mit modulo 28 Rest 0 (Null), wie Voigt ja ausdrücklich sagt.
Voigts Kernsatz lautet nämlich wiederum (er ist zur Hervorhebung kursiv gedruckt):
“Nur dann, wenn der Zeiteinschub x ein Vielfaches von 28 (Jahren) beträgt, entsteht in der Relation ‘Datum–Wochentag’ keine Störung.”
Und zwei Sätze weiter im selben Sinne:
“Bei allen anderen Einschüben wird es in regelmäßigen Abständen Diskrepanzen geben.”
Wenn also Illigs Einschub nicht durch 28 teilbar ist, kann die Durchzählung der Woche nicht mehr stimmen. Und 297 ist durch 28 nicht teilbar.
Damit hat er Illig widerlegt.
Voigt wiederholt (S. 300) noch einmal ganz ausdrücklich: “Die 7–tägige Woche und die 4–jährige Olympiade führen zu 28 = 7 x 4. Eine kürzere Periodizität ist nicht vorhanden.”
Als Fazit sagt er (S. 305):
“Die obige Tabelle zum 1. Januar/1. März ist die Tabelle Nr. 17 aus 28 möglichen Tabellen, denn 297 hat zur 19 den Rest 17.”
Logisch? Nein, denn was hat die 19 (dem Oster–Zyklus entnommen, auf den er weiter unten eingeht) hier zu suchen? Und wenn man “Rest 17” hineinsteckt und nachher wieder herausbekommt, dann beißt sich der Hund in den Schwanz.
Hätte er gewußt, daß in diesem Zeitraum – es wäre zu wiederholen, was Topper 1996 schrieb: nur in diesem Zeitraum – der Rhythmus gerade mit 6 und 11 Jahren Abstand lief, dann hätte er erklären können, daß auch nach 17 Jahren (6+11 in diesem Fall) die Wochentage wieder stimmen können.
Aber das stärkste Argument gegen Illigs These bringt Voigt noch:
“Wenn man genügend datierte Wochentage hätte, könnte man sie mit diesen Tabellen vergleichen und so modulo 28 die Länge des Zeiteinschubs bestimmen.”
Wer die ganze Diskussion nicht mitverfolgt hat, sondern einfach seinen Rechner ansetzt ohne nachzudenken, der wird immer solche Beweise finden. Es gibt “genügend” datierte Wochentage, es gibt sie in großen Haufen auf Stein und Pergament, wie Illig auch anerkennt, denn er hält ja z.B. Gregor d.Gr. und dessen päpstliche Erlässe für geschichtlich.
Da die von Voigt für seinen Artikel kopierten Zahlentabellen schon sehr, sehr lange existieren, (schon Jahrhunderte vor Grotefend, den er als Quelle angibt) waren die Herren Kleriker nicht faul und haben uns viele datierte Wochentage beschert, von denen die meisten sogar richtig rückerrechnet sind.
Was Voigt nun hinsichtlich Ostern “berichtigt”, bewegt sich im selben kurzsichtigen Kreis: Wenn wir wüßten, wann im Mittelalter ein Osterfest tatsächlich begangen wurde, wäre es zu schön. Ein katholisches Ostern vor 1250 ist aber eine Illusion. Darum sind Voigts mathematische Rückprojektionen reine Spiegelfechterei.
Warum Illig diese naive “Widerlegung” seiner seit 1991 so brilliant verfochtenen These in seiner eigenen Zeitschrift publiziert, noch dazu ohne den sonst üblichen Kommentar des Redakteurs, bleibt ein Rätsel. Vorsichtiger Rückzug?
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Ps.: Wer mit einem einfachen elektronischen Programm die entsprechenden Umrechnungen der Kalendertage ausführen möchte, ohne die altmodischen Tafeln von Grotefend u.a. benützen zu müssen, der kann dieses Programm (Q–basic) bekommen; es ist auch zur Umrechnung des islamischen Hidjra-Kalenders in julianischen und gregorianischen Kalender brauchbar. Es wurde von Alexander Topper 1996 geschrieben und ständig verbessert, so daß es die in manchen Programmen auftauchenden Fehler nicht enthält.

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